Unter dem Stichwort Aufgelesen versammeln wir Fundstücke aus dem Netz. Leseempfehlungen sowie Kurioses über Kunst und fern der Kunst findet hier seinen Platz.
Vielleicht die beste Nachricht kurz vor Weihnachten: Endlich gibt es die Andy Warhol Collector Barbie. Sie sieht fast aus wie der Künstler einst. In der Gesellschaftskritik des ZeitMagazin schreibt Tilmann Prüfer, dass Warhol es nicht anders gewollt hätte, immerhin sagte der einst: „Ich liebe Los Angeles, ich liebe Hollywood. Sie sind wunderbar. Jeder da ist aus Plastik, aber ich liebe Plastik, ich will Plastik sein.“ Plastik zu Plastik. Ein Bild von der Warhol Barbie gibt es bei Hyperallergic. Und für wen die Puppe angeblich etwas ist: „the hip, cool person who just wants something really unique.“
Noch mehr aus der Ecke Stars und Sternchen: Kunsthistoriker schreiben ja gern Werke ab und zu und zu und ab usf. Aktuell wird diskutiert, ob ein Leonardo da Vinci nicht doch eine Fälschung aus dem Jahr 1978 ist. Es geht um La Bella Principessa, die angeblich „nur das Porträt der nordenglischen Supermarktkassiererin Sally“ sein soll, wie in der Welt nachzulesen ist. Und das New York Magazine weiß – mit Bezug auf den Podcast Hidden Brain –, warum sogar Experten auf Fälschungen hereinfallen: „every art historian wants to be Indiana Jones and wants to find lost treasures.“
Aber die eigentlichen Stars kommen ja bekanntlich aus Hollywood. Shia LeBoeuf hat sich kürzlich selbst ausgiebig gefeiert und inszeniert. Tagelang hat sich Shia LaBoeuf über 60 Stunden lang seine eigenen Filme angesehen. Im New Yorker Angelika Film Center. Publikum war auch dabei und eine Kamera, die ihn unentwegt filmte. Allerdings wurde aus Urheberrechtsgründen kein Ton übertragen. Im Anschluss wurde über die Authentizität des Unternehmens diskutiert, denn immerhin sagte der Schauspieler selbst:
I can’t articulate how big this was. I don’t even know yet. All I know is I feel the weight of it. […] Once you press play on your life and you open up and there’s that vulnerability and not only are people getting the artistic side of you but they’re getting the human side of you, watching that, you’ve shared everything.
Die Debatte kann im Blog MusErMeKu nachgelesen werden.
Wer doch etwas Anspruchsvolleres suchen sollte: Dazed hat ein paar Dokumentationen über Fotografen zusammengestellt, die auf YouTube zu finden sind. Von Diane Arbus, über Nan Goldin zu Cindy Sherman uvm.
Und was man heute so fotografiert: Essen. S.P.O.N über Food Plating auf Instagram, es kommen ein paar Food-Stylisten zu Wort. Worauf zu achten ist:
Die Köche fotografieren ihre Gerichte von oben. Ein weiteres, ungeschriebenes Gesetz des Food Plating besagt, dass sich eine klare Linie erkennen lassen muss. Außerdem muss etwas das Interesse des Betrachters erwecken. Das kann eine Nuance sein, ein auffälliger Kontrast, eine verspielte Form, eine Kleinigkeit. Der Senfklecks neben dem Lachs zum Beispiel.
Wäre ja auch blöd, die Teller von unten zu fotografieren.
Was neben Essen auf Instagram und Co. immer geht: #catcontent. In ihrem Blog so frisch so gut hat sich Annekathrin Kohout an einer Geschichte der Katzen in der Popkultur versucht. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war natürlich #BrusselsLockdown mit seinem Heer von Katzen. Brüssels Tourismusverband wirbt jetzt sogar damit:
Essen, Katzen, fehlen noch die Selfies. Auch dazu gibt es diese Woche Neues. In London nämlich macht man Selfies anders, wie eine Studie herausgefunden hat. Der Guardian über die Ergebnisse der Studie:
The analysis found that twice as many women as men are selfie-takers in London. London men who took selfies tended to be older than those in other cities, averaging about 28 years old, and people of both genders favoured an upright pose over a jaunty angle. The average head tilt of a London selfie was just 15 degrees, compared with 20 degrees elsewhere.
Almost double the proportion of people were found to be wearing glasses in London than in the five other cities analysed.
And Londoners’ technique is still lacking, as London-based selfies feature the highest proportion of eyes closed – 28% compared with 20% in the other six cities.
Und die Londoner lächeln weniger. Aber nicht etwa, weil sie unglücklich seien, sondern, so Claire Catterall, weil sie denken, sie seien zu cool zum Lächeln. Vielleicht haben die Londoner sich das aber auch einfach nur bei der kleinen Prinzessin der Generation Duckface abgeschaut.
„The Terror of Total Dasein“ klingt wie ein früher Christoph Schlingensief-Film, schreibt Hito Steyerl. Das hat aber vor allem mit einem Gefühl zu tun, das sie im gegenwärtigen Kunstbetrieb hat. Hier ein Künstlergespräch, da noch eine Eröffnung: The artist muss immer present sein. In London hat der Guardian zwei Männer zu so einem Gespräch zusammengebracht. Beide haben eine ähnliche Frisur und gelten als irgendwie radikal. Brian Eno und Yanis Varoufakis plaudern über Hunde und scherzen über ihre Frisur. Außerdem reden sie über Progressive-Rock und das bedingungslose Grundeinkommen.
Der Suhrkamp-Verlag setzt bei der Vermarktung von der Thomas Bernhard-Gesamtausgabe ganz auf Partizipation. Dort kann man über seinen Lieblingsroman von Thomas Bernhard abstimmen (aktuell liegt „Holzfällen“ vorne). Am schönsten ist aber die Karte mit den Städtebeschimpfungen des Österreichers. Oder sind diese Fakten nur in Anführungszeichen „interessant?“
Ehre, wem Ehre gebührt. Das dachte sich wahrscheinlich auch der junge Maler Reuben Dangoor. Der hat nämlich britische Grime-Musiker porträtiert, und zwar in Öl. Besucht man Dangoors Seite, findet sich da jede Menge Kifferhumor. Aber er hat auch Merchandise für die BBC-Serie „People Just Do Nothing“ gemacht. Und da kann man einiges über Großbritannien lernen.
Kenneth Angers Avantgardefilm/Satanisten-Klassiker „Lucifer Rising“ ist mittlerweile 43 Jahre alt. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte das bald nachholen. Wer ihn gesehen hat, fragt sich sicher: Wo bekomme ich die Jacke mit dem „Lucifer“-Aufdruck her? Nun ja, ob es tatsächlich eine Nachfrage dafür gibt oder nicht, Kenneth Anger hat jedenfalls eine limitierte Auflage dieser Jacke herstellen lassen. Die kann man sich jetzt kaufen.
Ein dankbares Format zum Jahresende sind Listen: die besten Ausstellungen, das tollste Museum. Artnet hat auf eine Bestenliste verzichtet. Denn man vergisst leicht, dass der Kunstbetrieb nicht nur aus schönen Ausstellungen, geschmackssicheren Galerien und erfolgreichen Kunsthochschulabsolventen besteht. Dahinter sind Akteure, die Kunst kaufen, Ausstellungen machen, über Kunst schreiben, mit Werken spekulieren und sie flippen (ein Wort, das wir erst im vergangenen Jahr gelernt haben). Deshalb hat Artnet eine Liste der einflussreichsten Menschen im Kunstbetrieb geschrieben. Der Kunsthändler Stefan Simchowitz (unten) hat es übrigens nicht auf die Liste geschafft. Seltsam.
Unter diesen einflussreichen Menschen ist übrigens auch der Direktor der nächsten Documenta, Adam Szymczyk. Und um die Zeit bis zur nächsten Kunstschau in Kassel zu verkürzen, haben die Documenta-Macher ein Magazin gemacht. Ob das lesenswert ist, verrät ein Blick ins Art Magazin.
Vor einigen Wochen haben wir eine Lektüreliste für Studierende auf Facebook gepostet. Dort fehlte Achille Mbembe, aber er hätte auch gut dorthin gepasst. Der kamerunische Politikwissenschaftler hat nun den Geschwister Scholl-Preis bekommen. Bei der Süddeutschen kann man seine Dankesrede nachlesen.
Worüber Deutsche lachen, versucht Jan Böhmermann den New York Times zu erklären. Damit schließt sich auch der Kreis zu Yanis Varoufakis, dem Finger und zu dem Fernseh-Hoax, über den die Deutschen 2015 (vielleicht) am meisten gelacht haben.