Die junge Kunsthistorikerin Nadja Eger verband schon während ihres Studiums die Kunstgeschichte mit BWL und absolvierte danach ein Volontariat in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main. Heute arbeitet sie dort in der Abteilung Marketing und Kommunikation.
artefakt berichtet sie von ihrer abwechslungsreichen Tätigkeit in der Schirn, die 2008 den Preis „Kulturmarke des Jahres 2008“ für die innovativste Marketingkommunikation im Kulturbereich erhalten hat.
Sie arbeiten zur Zeit in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main im Marketing-Bereich. Wie kann man sich Ihren Berufsalltag vorstellen?
Der Berufsalltag ist sehr vielfältig und abwechslungsreich. Wir erarbeiten zu jeder Ausstellung ein eigenes Kommunikationskonzept und legen die Marketingstrategie und deren Ziel fest. Zusammen mit Grafikern erstellen wir dann die Kampagne und bestimmen die Kommunikationsmaßnahmen. Zudem arbeiten wir mit Medien-, Kooperations- und Tourismuspartnern zusammen und überlegen uns kreative Ideen, um den Inhalt der Ausstellung zu kommunizieren und gemeinsam von diesem Mehrwert zu profitieren. Zu meinem Arbeitsalltag gehören auch die Produktion der Werbemittel und das Merchandising, das Controlling der angewandten Instrumente und aktuelle Branchen- und Wettbewerbsanalysen. Darüber hinaus betreue ich das Social-Media-Marketing, das heißt zum Beispiel den Auftritt der SCHIRN bei youtube, facebook und twitter, sowie gemeinsam mit der Presseabteilung die Website der SCHIRN und ihren bevorstehenden Relaunch.
An welchen Projekten arbeiten Sie momentan?
Derzeit blicken wir bereits auf die kommenden Ausstellungen: Am 24. September beginnt anlässlich des China-Schwerpunkts der Frankfurter Buchmesse eine große China-Ausstellung mit über 100 lebensgroßen Skulpturen der Mao-Zeit. Die Ausstellung „Kunst für Millionen“ zeigt einige der wichtigsten Werke der modernen chinesischen Kunstgeschichte, die fest im kollektiven Gedächtnis Chinas verankert sind. Kurz darauf zeigen wir anlässlich des 90-jährigen Bauhausjubiläums in einer umfangreichen Retrospektive den Künstler Lázló Moholy-Nagy.
Die Schirn Kunsthalle ist wohl eines der renommiertesten Ausstellungshäuser Deutschlands. Letztes Jahr wurde der Schirn der Preis „Kulturmarke des Jahres 2008“ verliehen. Was zeichnet das Marketing der Schirn Kunsthalle aus?
Wir freuen uns sehr, dass wir den Preis für die beste Kulturmarke 2008 zur Impressionistinnen-Kampagne erhalten haben, da er für uns auch eine Bestätigung unserer langjährig praktizierten Marketingstrategien und -konzepte darstellt. Die Ausstellung ‚Impressionistinnen‘ war mit über 184.000 Besuchern die erfolgreichste Ausstellung der SCHIRN unter der Leitung von Max Hollein. Um das zu erreichen, haben wir Ausstellungsinhalte und Marketingkonzept in einer kreativen Weise miteinander verknüpft. Die Kampagne zeichnete sich durch eine klare Zielsetzung aus: Maßgebend waren vielfältige, kreative und auf die Zielgruppe abgestimmte Maßnahmen, ein wirkungsvolles Ineinandergreifen von Strategien und operativen Maßnahmen, sowie ein ausführliches Controlling und effektive Kooperationen.
Die Ausstellung „ImpressionistInnen“ war vom 22.02.-01.06.2008 in der Schirn Kunsthalle zu sehen und zeigte 160 Werke der Impressionistinnen Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès und Marie Bracquemont. Ausgezeichnet wurde die Marketingabteilung der Schirn für die umfangreichen Maßnahmen, die die Idee, die weibliche Seite des Impressionismus` darzustellen, kreativ und konsequent umsetzten.
Zu den Marketingmaßnahmen gehörten der Slogan „Renoir, Renoir, au revoir“, der Versand eines fiktiven Briefs aus der Feder der Malerin Berthe Morisot, die Einladung zu einem Frauentag sowie der Einsatz der InformationistInnen, die den Besuchern der Ausstellung Rede und Antwort standen.
Wie hat sich Ihr Berufseinstieg gestaltet?
Ich wollte von Anfang an einen Job im Bereich des Kulturmanagements und Kulturmarketings, am liebsten in der SCHIRN. Kurz nach Abschluss meines Studiums wurde dann tatsächlich ein Volontariat im Marketing in der SCHIRN ausgeschrieben. Das hat natürlich zeitlich optimal gepasst, also habe ich mich beworben und es hat geklappt.
Vom Marketing eines Druckgrafikers im Mittelalter und der Schirn Kunsthalle
Muss man Marketing/BWL neben der Kunstgeschichte studiert haben, um in der Marketingabteilung eines Museums zu arbeiten, oder reichen Erfahrungen, wie man sie in Praktika sammeln kann, aus?
Das ist sicher sinnvoll, um zumindest das Grundwissen des Faches wissenschaftlich zu erlernen. Zusätzlich ist es jedoch für den Arbeitsalltag enorm wichtig, berufliche Erfahrungen in Praktika und Nebenjobs zu sammeln.
Haben Sie im Hinblick auf Ihren Berufswunsch Marketing/BWL studiert?
Ja, ich habe Seminare und Vorlesungen im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Frankfurt besucht, zum Beispiel Marketing- und Produktionstheorie.
Haben Sie während ihres Studiums Praktika absolviert?
Ja, unter anderem in einer Druckerei und Werbeagentur, in der Kunstsammlung der Deka Bank, am Städel Museum, in einem
Handwerksbetrieb im Bereich Organisation/Buchhaltung und in der Galerie Eva Winkeler.
Spielt das Magisterthema bei der Auswahl von Bewerbern eine Rolle?
Bei mir war es durchaus wichtig. Ich habe mich mit den ,Marketingstrategien‘ eines Druckgrafikers im Mittelalter beschäftigt und konnte somit beide Schwerpunkte – Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaften – miteinander verknüpfen.
Die Bedeutung von Auslandsaufenthalten wird immer wieder betont. Wird viel Wert auf ein Studium im Ausland gelegt? Haben Sie selbst auch im Ausland studiert?
Bereits vor dem Studium habe ich ein Praktikum in England absolviert und später ein Semester Kunstgeschichte in Paris studiert. Das war für mich die spannendste Zeit im Studium. Auslandsaufenthalte sind nach wie vor von essentieller Bedeutung und ich kann es nur empfehlen.
Können Sie Studenten Tipps geben, was sie schon während des Studiums im Hinblick auf die Berufswahl beachten sollten?
Wichtig ist es, neben dem Studium berufliche Erfahrungen zu sammeln, sich sehr zu engagieren und sich zu vernetzen. Man sollte sich auf seine Stärken konzentrieren und eine Richtung einschlagen, die einem Spaß macht. So kann man dann auch im Job viele Dinge mit Engagement voran bringen.