Interview, Kunsthistoriker im Gespräch
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Ein schönes Problem

Sie leiten das Museum für Europäische Gartenkunst, das mit Park Benrath und zwei weiteren Museen Teil der Stiftung Schloss und Park Benrath ist. Welches Themenspektrum umfasst das Ensemble?

Ich bin wissenschaftlicher Vorstand der Stiftung Schloss und Park Benrath. Als Museumsdirektorin leite ich das Museum Corps de logis (Hauptschloss) und das Museum für Europäische Gartenkunst. Unsere Stiftung beherbergt drei Museen unter einem Dach: das Museum für Naturkunde, das Corps de logis und das Museum für Europäische Gartenkunst. Dieses Spektrum der Themenkreise Natur, Architektur und Gartenkunst bietet die besonderen Möglichkeiten interdisziplinären Arbeitens.

Nicht allein der Garten, vor allem das Zusammenspiel von Schloss und Park steht im Fokus des Museums. Was bedeutet das genau?

Benrath Luftbild

Schloss Benrath aus der Luft: Der 470 Meter lange Spiegelweiher markiert die Mittelachse des Schlossparks.

Der Bautyp einer Maison de plaisance des 18. Jahrhunderts ist unabdingbar mit einem Park verbunden. Als besonderer Glücksfall hat sich vor nunmehr 12 Jahren ergeben, dass im östlichen Kavaliersflügel ein Museum für Europäische Gartenkunst entstehen konnte. Im Museum für Europäische Gartenkunst ist eine eigene Raumfolge - Rundgang Schloss und Park Benrath - dem Thema unserer Maison de plaisance gewidmet und damit naturgemäß auch dem Park.

Das Spektrum der Sammlung reicht von der Antike bis zum englischen Landschaftsgarten. Werden auch moderne Tendenzen berücksichtigt, etwa die Gartenstadtbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts?

Sie sprechen hier von dem ersten Rundgang innerhalb des Museums. Es gibt noch drei weitere, die thematisch wie folgt geordnet sind: „Themen der Gartenkunst“, „Schloss und Park Benrath“, „Düsseldorf als Gartenstadt und Ausblick in zeitgenössische Gartenkunst“.

Welche Vermittlungsprobleme gehen mit dem Garten als Gattung einher?

In den Museumsräumen stellen sich Vermittlungsfragen wie in jedem Kunst- respektive kulturhistorischem Museum. Im Park selbst, also unter freiem Himmel, kommt das schöne Problem des Aufzeigens von historischen Umgestaltungen, Überformungen, Restaurierungen und Rekonstruktionen in situ hinzu. Je nach Jahreszeit können sich die Vermittlungsinhalte verschieben, so zum Beispiel bei Pflanzprogrammen.

Auch Quellen etwa Pläne, Gemälde oder Fotografien sind nicht unproblematisch. Thematisieren Sie bei der Vermittlung auch die Quellenproblematik, der jüngst auf dem Kunsthistorikertag eine ganze Sektion gewidmet wurde?

Die Quellenproblematik unterscheidet sich kaum von der anderer kunsthistorischer Gattungen. Natürlich muss sehr genau unterschieden werden etwa zwischen Ideal-, Entwurfs-, Ausführungs- und Zustandsplänen und Authentizität.

Treillage-Portal

Rankgerüste als Spalier oder Laubengang schufen schattige Spazierwege im Garten: Die französische Zeichnung eines Treillage-Portals aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts befindet sich in der Sammlung von Schloss Benrath.

Seit 2005 ist ein wissenschaftliches Archiv zur Gartenkunst im Aufbau. Was beinhaltet das Archiv?

Es beinhaltet hauptsächlich Quellen zu verlorenen Gärten, zum Beispiel solche im ehemaligen Ostpreußen.

Was hat es mit der Sammlung bibliophiler Bücher auf sich?

Wir sammeln vorrangig architekturtheoretische Werke und Schriften mit Schwerpunkt auf Gartenkunst des 18. Jahrhunderts. Wenn wir die Gelegenheit haben, ein wichtiges Werk aus dem 17. Jahrhundert zu erwerben, wie jüngst Joseph Furttenbachs „Architectura recreationis“ aus dem Jahr 1640, freuen wir uns natürlich. Neben unserer bibliophilen Sammlung existiert eine Bibliothek, für die Schriften – auch Reprints seltener oder schwierig zu erwerbender Bände – zur Architektur und Gartenkunst von der Antike bis heute gesammelt werden. Langfristig ist eine Präsenzbibliothek geplant.

An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat man sich ebenfalls auf Gartenkunstgeschichte spezialisiert. Welche Kooperationen gibt es, besonders im Hinblick auf die wissenschaftliche Erforschung des Gartens?

Benrath Orangerie

Die Orangerie von Schloss Benrath.

Der Austausch wissenschaftlicher Forschungsergebnisse zwischen Museen und Universitäten ist grundsätzlich mehr als zu begrüßen. Wenn ein solcher Austausch dann beispielsweise zu einer Ausstellung führt wie zur Präsentation von „Wunder und Wissenschaft – Salomon de Caus und die Automatenkunst in Gärten um 1600“ ist dies ein deutliches Zeichen dafür, wie sinnvoll ein Austausch sein kann und dass er intensiviert werden sollte.

Die Hürden sind leider nicht zu ignorieren. Soweit wir in der Stiftung das beurteilen können und dürfen, finden Hochschullehrer an Universitäten nicht immer die ihnen angemessenen Möglichkeiten vor, die sie bräuchten, um gelehrt forschen zu können. Ich will es kurz machen: Können Sie sich einen Erwin Panofsky vorstellen, der Credit Points zählt? Andere Zeiten hin oder her. Ein Museum hat bisweilen ähnliche Probleme, so dass das wissenschaftliche Arbeiten oft erschwert ist und über das Forschen in der eigenen Institution hinaus kaum Zeit für einen intensiven Austausch zwischen Hochschulen und Museen bleibt. Dies ist auch nicht wegzuwischen mit dem Scheinargument, dass man eben andere Schwerpunkte setzen solle. Es ist und bleibt eine Aufgabe der Bildungspolitik, hier langfristig wirksame Zeichen zu setzen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die Schrift „Theorie der Unbildung“ von Konrad Paul Liessmann verweisen. Der Begriff ‚Gartenkunstgeschichte‘ wird durch seine häufige Kommunikation nicht besser. Ich finde ihn aus Sicht der Kunsthistorikerin zumindest einer intensiven Befragung würdig. Natürlich gibt es Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Gartenkunst, ebenso wie mit Schwerpunkt Malerei, Architektur oder Skulptur und Plastik.

Was zeichnet den Standort Benrath aus, im Vergleich etwa zum Gartenkunstmuseum im Schloss Fantaisie bei Bayreuth?

Die Schwerpunkte des Gartenkunstmuseums in Bayreuth unterscheiden sich von unserem durch die Fokussierung auf Aspekte der Gartengeschichte vom 17. bis zum 19. Jahrhundert und der Präsentation von Gärten in Bayern und Franken.

  1. Abb. 1 | Luftbild, Stiftung Schloss und Park Benrath.
  2. Abb. 2 | Treilllage-Portal, Frankreich, 2. Hälfte 18. Jh., Stiftung Schloss und Park Benrath.
  3. Abb. 3 | Orangerie, Stiftung Schloss und Park Benrath.

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