Merchandising war mal eine exklusive Sache. Auf dem Schulhof zum Beispiel berechtigte erst die umfassende Kenntnis der Slayer-Diskografie dazu, ein Shirt der Band zu tragen. Die Regeln waren hart. Fast so hart wie die Tür des Berghain.
Wenn ein Club mit Fotoverbot, der wie kein zweiter für die Kontinuität im Berliner Technountergrund steht, Merch verkauft, muss da irgendwas faul sein. Besonders, wenn die Produkte aussehen wie billige Berlin-Souvenirs. T-Shirts mit einem fiktiven Berghain-Logo, also einem Hybrid aus der abweisenden Fassade des früheren Kraftwerks und dem Brandenburger Tor. Natürlich Jutebeutel, Aufdruck: “Home is where Berghain is”. Gummimasken mit Sven Marquardts Gesicht. Ein Poster, den Türstehers als Fährmann über den Fluss Styx ins Totenreich zeigend. Letzteres wahrscheinlich eine Metapher fürs Berliner Nachtleben.
Das Berghain reagierte, wie alle coolen Szenetypen, wenn man sich über sie lustig macht: verärgert, aber ohne es zu zeigen. Der Onlineshop, in dem diese Produkte vor ein paar Wochen auftauchten, musste schnell wieder schließen, und ein offizielles Statement gab es nicht.
David Kurt Karl Roth vom führenden Männermodeblog Dandy Diary steckt übrigens hinter dem Projekt. Und weil er nicht so schnell aufgibt (und wahrscheinlich auch, weil die Idee einfach zu gut ist) eröffnete er in Berlin Mitte nun einen Laden für das Berghain-Merch.
Dabei hat die Modewelt die Merch-Ästhetik schon längst für sich entdeckt. Das Label Vetements zum Beispiel zitiert die stereotype Black Metal-Typografie. Ziemlich schnell gab es ein eigenes Parodie-Label namens Vetememes. Klar: Die Kenntnis dieser Ironieschleifen ist nicht mehr so exklusiv wie der Club der Slayer-Fans auf dem Schulhof. Wer einen Instagram-Account hat, kann schon fast dazugehören.
Dabei bleibt David Kurt Karl Roth vom Dandy Diary doch Influencer. Sven Marquardt trinkt alkoholfreies Heineken, denn: „Svenny stays clean tonight“.
Titelbild: Yannick, Berghain im Jahr 2014, Wikimedia Commons