Autor: Philipp Hindahl

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Alles auf Anfang. „Geniale Dilletanten“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe

Wahrscheinlich ist über die Berliner (Post)-Punkszene um 1980 alles gesagt. Oder eben nicht, weil sich keiner so richtig daran erinnern kann. So oder so, die gut geölte Diskursmaschine um die sagenumwobenen frühen 1980er läuft. Die meisten Protagonisten sind freilich längst angekommen, als Künstler, als Musiker oder als Universitätsprofessoren. Vor ungefähr zehn Jahren gab es ein kleines Revival der wunderbaren Jahre um 1980. Beispielsweise mit Jürgen Teipels Dokumentarroman „Verschwende Deine Jugend“. Oder mit der Film-Anthologie „Alle Macht der Super 8″. Damit sind Musik und Kino abgesteckt, fehlt nur noch die Malerei. Da gab es Albert Oehlen, der Plattencover gemalt hat, beispielsweise für Palais Schaumburg. Oder Martin Kippenberger. Der war Teilhaber an einem Punkclub in Kreuzberg, dem SO36. Dort ist er aber ausgestiegen, als nach einem Konzert der englischen Band Wire die Gäste den Laden zerlegt und die Kasse geklaut haben. Was klingt wie ein einziger Amphetamin- und Bierrausch, ist prägend für die Pop-Intelligentsia. Zum Beispiel für Diedrich Diederichsen. Denn schon in den frühen 1970ern beginnt für ihn Pop Zwei, der endlich Schluss macht mit langhaarigen Rockern, und stattdessen das …

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Das große Post Internet ABC Teil 2: Google bis Junk

Wahrscheinlich ist der Hype schon vorbei. Zumindest sind die Zeiten längst vorbei, in denen man sich bei Galerieeröffnungen wissend zuraunen konnte: „Das ist Post Internet. Die Welt ist noch nicht bereit dafür.“ Die Welt ist längst bereit, und zumindest die Kunstwelt kann das Wort nicht mehr hören. Aber die Phänomene, die vor vier/fünf Jahren aufgetaucht sind, bleiben sicher noch eine Weile. Deshalb erklären wir im zweiten Teil unseres ABCs, wer eigentlich wie am Fließband Theorien für die zeitgenössische Welt produziert, wer den besten Tumblr zu Google StreetView hat und wer die ganzen Instagram-Follower weggekauft hat. G  Google. Jorge Luis Borges hat sich in seiner Mikro-Erzählung „Von der Strenge der Wissenschaft“ ein Königreich ausgedacht, in dem es eine Karte gibt, die genauso groß ist wie das Königreich. Dem Traum von der lückenlosen Abbildung kommt Google schon ziemlich nahe. Angefangen bei der Kartographierung des Internet, über die Digitalisierung von Büchern, bis hin zur Angleichung von Karte und Gebiet mit Google StreetView. Dass die Karte aber doch ganz lückenlos ist, führt Jon Rafman auf seinem Tumblr 9-eyes vor. Da zeigt …

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Stehlen, fälschen, betrügen, beschlagnahmen. Die spektakulärsten Verbrechen der Kunstwelt 2015

Wahrscheinlich war der Vandalismus an Anish Kapoors Plastik im Park von Versailles das Kunstverbrechen, das 2015 die meisten Schlagzeilen generiert hat. Denn Kapoors Arbeit „Die Vagina der Königin“ (auch: „Dirty Corner“) hat erst wegen ihrer, nun ja, sexuellen Anspielung für Ärger gesorgt. Dann wurde sie mit antisemitischen Parolen beschmiert. Kapoor hat übrigens auch einen Instagram-Account namens @dirty_corner. Man vermutet es: Dort fotografiert er schmutzige Ecken. Überhaupt ist Kunst im öffentlichen Raum anfällig für Beschmierungen und mutwillige Zerstörungen. Aber es gibt natürlich auch die klassischen illegalen und halblegalen Aktivitäten rund um Kunst: Fälschen, Stehlen, Urheberrechtsstreit. Es gibt unklare Provenienzen und zwielichtige Kunsthändler. Manche Verbrechen sind spektakulärer als andere. Manche lesen sich wie der Plot zu einem Guy Ritchie-Film, andere werfen ernsthafte Fragen über unseren Umgang mit Kunst auf. Wir haben die spektakulärsten Kunstverbrechen von 2015  versammelt. Verschollene Werke Besser spät als nie, dachte sich offenbar ein italienischer Mann. Spät kam in diesem Fall aber nicht die Reue, sondern die Einsicht, dass er aus seinem Diebesgut noch einmal Kapital schlagen kann. Das Diebesgut ist ein Damenporträt von Gustav Klimt, …

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Zieh deine Tanzschuhe an. Der mechanische Houellebecq und andere YouTube-Phänomene

Im Sommer verbreitete sich ein kurzes Tanzfilmchen viral, das Michael Jacksons Moonwalk, nunja, alt aussehen lässt. Darin sieht man einen alten Mann, umgeben von tanzenden Paaren. Der Mann tanzt auch ein bisschen, aber auf der Stelle, weil er auf zwei Krücken steht. Dann wirft er die Krücken weg, und fängt an zu tanzen wie ein Roboter. Und vor ein paar Tagen machte ein anderes Video die Runde. Hauptperson: der französische Schriftsteller Michel Houellebecq. Aber umso überraschender ist das, was er in dem Film tut. Er tanzt nämlich, und zwar zu War Pigs von Black Sabbath. Zuletzt war der Romanautor ja in dem Film Die Entführung des Michel Houellebecq zu sehen. Dort spielte er sich selbst. Der Black Sabbath-Clip ist aus dem Film Near Death Experience, wo Houellebecq einen Mann spielt, der vor seinen Mitmenschen in die Berge geflohen ist. In Radlerhosen und im Tour de France-Trikot. Er erzählt in einem Interview, dass er privat ohnehin gerne zu dem Song tanzt. Warum soll das jetzt lustig sein? Man ist ja vor allem überrascht, dass Houellebecq, dieses fragile Männlein mit Hang …

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Das große Post Internet ABC. Teil 1: Arbeit bis Facebook

Es muss so ungefähr 2010 gewesen sein, als ein Begriff auftauchte, der eine schnelle Karriere als Buzzword der Kunstwelt machte: Post Internet. Das klingt wie ein neuer post-Irgendwas Theoriehype. Oder so, als wäre das Internet jetzt vorbei. Ist es natürlich nicht. Und eine Theorie ist es auch noch nicht, denn die akademische Kunstwissenschaft fängt gerade erst an, diese neuen Künstler wahrzunehmen. Für Post Internet-Kunst gibt es weder ein bevorzugtes Medium, noch eine Form, auf die sich die Arbeiten festlegen lassen. Skulptur hat ein unerwartetes Comeback, genauso wie Malerei. Es gibt noch gedruckte Bücher, und es gibt noch Popmusik nach dem Internet. Aber es gibt auch Social Media und es gibt Künstler, deren Arbeiten nur im Netz funktionieren. Das ist noch ein Überbleibsel aus der Prähistorie von Post Internet: der net-art. Also: Post Internet-Kunst sieht weder irgendwie aus, noch ist sie auf eine bestimmte Technik festgelegt. Vielleicht gibt es Post Internet-Kunst eigentlich gar nicht. Aber irgendwie hat das Internet doch einen Einfluss auf aktuelle Kunst. Deshalb haben wir in unserem Post Internet-ABC alles zusammengestellt, was man …