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Hardcoverbuch oder Laptopscreen?

„Darwins Bilder“ lautet der Titel der Dissertation von Julia Voss, für die sie nach der Otto-Hahn-Medaille der Max Planck Gesellschaft (2005) kürzlich den unter Wissenschaftlern begehrten Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung erhalten hat.

Julia Voss: Darwins Bilder

Julia Voss: Darwins Bilder

Die Liste der bisherigen Preisträger kann sich sehen lassen: Peter Sloterdijk, Horst Bredekamp, Reinhart Koselleck, Hans-Georg Gadamer, Jürgen Habermas, Werner Hofmann und und und. Mit Julia Voss, die heute zusammen mit Niklas Maak das Kunstressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung leitet, reiht sich nun eine junge Wissenschaftlerin, Jahrgang 1974, in die Liste großer Namen ein, die gerade erst den wissenschaftlichen Kinderschuhen entwachsen ist. Der Weg zur Publikation der Dissertation ist ein steiniger, die Kosten sind immens und gut verkaufen lässt sich die eigene Arbeit in den seltensten Fällen. Die hohen Kosten für den Druck können daher selten durch den Verkauf gedeckt, sondern sollten durch Stiftungsgelder finanziert werden. Julia Voss‘ Schrift demonstriert jedoch, dass der Weg sich durchaus lohnt.

Im Rahmen der Veranstaltung „Von der Forschung zur Publikation“ am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg wurde jetzt die Problematik der verschiedenen Publikationsmöglichkeiten für Dissertationen thematisiert. Im Gespräch mit Studenten und Doktoranden informierten die Teilnehmer über Vor- und Nachteile der traditionellen Buchpublikation und den Gang mit dem eigenen Werk ins Netz: Dr. Maria Effinger, Fachreferentin für Kunstgeschichte an der Universitätsbibliothek Heidelberg und Dr. Ferdinand Werner, Inhaber der Wernerschen Verlagsgesellschaft in Worms, gaben den Studenten Tipps und Anregungen für den Weg vom Manuskript zur Publikation. Da sich die Frage der Erscheinungsweise der eigenen Dissertation für jeden Kunsthistoriker, der die Promotion anstrebt, einmal stellen wird, präsentieren wir die Ergebnisse der Veranstaltung hier.

Beginnen möchten wir mit der Printpublikation, die in Forscherkreisen nach wie vor als Königsdisziplin der Veröffentlichung erachtet wird. Im Gegensatz zur meist eher geringen Reichweite von Buchpublikationen eröffnen Onlinepublikationen die Möglichkeit, Forschungsergebnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen. In beiden Fällen birgt zudem die Frage der Bildrechte eine weitere Hürde, die genommen werden will.

Vom Suchen und Finden des richtigen Verlags

Wer würde nicht gerne ein schönes Buch mit Hardcover, farbigem Einband, hochaufgelösten farbigen Abbildungen und Lesebändchen in den Händen halten? Doch das kommt sicher nicht für jeden in Frage, der die Publikation seiner Dissertation anstrebt, denn das ist sehr teuer und an einige Anforderungen geknüpft.
Erste Vorraussetzung für die Veröffentlichung ist meist eine Bewertung der Arbeit mit summa cum laude. Zusätzlich zu dieser sehr guten Beurteilung benötigt man viel Engagement, um die für die Publikation erforderlichen Stiftungsgelder zu akquirieren. Da die Dissertation nach Abschluss des Promotionsverfahrens innerhalb einer festgelegten Frist, die von Fakultät zu Fakultät verschieden sein kann, manchmal sind es ein oder zwei Jahre, veröffentlicht werden muss, sollte sie direkt nach der Disputatio umgearbeitet werden, um sie in eine zur Veröffentlichung geeignete Form zu bringen. An oberster Stelle steht dabei die Leserfreundlichkeit. Zumeist muss die Arbeit dazu gekürzt oder aber der Aufbau so umgearbeitet werden, dass die Lektüre nicht nur Forscher, sondern auch ein Laienpublikum anspricht.

Mit dem abgeänderten Manuskript kann man sich an Verlage wenden, jedoch sollte dieser sorgfältig ausgewählt werden, denn eine gute Arbeit kann durch einen schlechten Verlag schnell in Verruf kommen und die wissenschaftliche Reputation des Jungforschers so erheblichen Schaden nehmen. Ein schlechter Verlag kann sich dadurch auszeichnen, dass er wissenschaftlich zweifelhafte Arbeiten veröffentlicht und so die eigene Publikation als eine gute zwischen vielen mangelhaften einreiht. Ein minderwertiger Druck und schlechtes Layout können der Arbeit jedoch genauso schaden. Daher sollte ein guter Verlag dem Autor stets einen festen Ansprechpartner bieten, der Fragen beantwortet, Zwischenergebnisse und Testdrucke präsentiert und außerdem Änderungswünsche aufnimmt. Die Publikationen eines zweifelhaften Verlages werden zudem von Universitätsbibliotheken nicht angekauft. Auch von so genannten Headhunterverlagen, die den Autoren ein Honorar versprechen, sollte man Abstand nehmen. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, bei Universitätsbibliotheken Informationen über einen Verlag einzuholen.

Auch das Thema der Dissertation kann bei der Wahl des geeigneten Verlags wichtig sein. Dr. Ferdinand Werner wies während der Informationsveranstaltung darauf hin, dass Arbeiten mit eng begrenzten Themengebieten oder regionalem Bezug, wie beispielsweise „Heidelberger Villen“ oder „Das Gesamtkunstwerk Wilhelmshöhe in Kassel“, sich eher veröffentlichen lassen, als umfassende Abhandlungen zu weit reichenden Forschungsgebieten wie etwa ikonographischen Themen. Dies liegt zum einen daran, dass die vielen Abbildungen, die zur Argumentation ikonographischer Abhandlungen vonnöten sind, die Gesamtkosten in die Höhe schnellen lassen. Zum anderen stoßen Arbeiten mit regionalen Themen eher auf das Interesse eines wissenschaftsfernen Publikums, lassen sich also leichter verkaufen.

Ist der richtige Verlag gefunden, wird dieser einen Kostenvoranschlag erstellen, der die Illusion des schönen Hardcoverbuches schnell zerstört. Denn die günstigste Variante von 150-300 Exemplaren ohne Abbildungen beläuft sich auf 3.000€, wobei viel realistischer eine Summe von 10.000€ ist. Um diesen Betrag aufzubringen, muss sich der junge Wissenschaftler an Stiftungen, wie beispielsweise die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften oder regionale Stiftungen, wenden. Neben einem überzeugenden Exposé ist dabei nicht selten ein schillernder Doktorvater von Vorteil. Nach der Akquirierung des Geldes ist die größte Hürde gemeistert und die Zusammenarbeit mit dem Verlag, die ca. ein dreiviertel Jahr dauert, kann beginnen.

Zweite Wahl Internet?

Die Onlinepublikation genießt in Forscherkreisen einen weniger guten Ruf als die Printpublikation, weil dabei im Gegensatz zur Buchveröffentlichung nicht nur ausschließlich die Dissertationen veröffentlicht werden können, die mit dem Prädikat summa cum laude ausgezeichnet wurden, sondern auch die nicht so hervorragenden. Der Stellenwert der Onlinepublikation wird sich vermutlich durch die offensichtlichen Vorteile künftig ändern, wie dies im angelsächsischen Raum schon länger der Fall ist. Die Onlinepublikation ist nicht nur günstiger (hier fallen lediglich die Kosten für die Abbildungen an), sondern sie ist dazu weltweit in Sekundenschnelle abrufbar. Gerhard Straehle, der 2008 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promoviert wurde, stellte seine Dissertation mit dem Thema „Der Naumburger Meister in der deutschen Kunstgeschichte. Einhundert Jahre deutsche Kunstgeschichtsschreibung 1886-1989“ in die Publikationsplattform ART-Dok ein. Die Arbeit wurde in einem Zeitraum von nur zwei Monaten 483 Mal online aufgerufen. Ein gängiges Bibliotheksexemplar wird hingegen lediglich 12 Mal pro Jahr ausgeliehen. Die hohe Aktualität und unkomplizierte Zugänglichkeit sollten dazu beitragen, das Onlinepublizieren in Zukunft als gängige Publikationsform zu etablieren.

Auch für die Onlinepublikation muss die Dissertation leserfreundlich überarbeitet werden, wobei dieser Teil im Verlauf des Publikationsprozesses den größten Zeitraum in Anspruch nimmt. Denn im Gegensatz zur Printausgabe ist das darauffolgende Procedere kinderleicht: Auf Plattformen wie beispielsweise ART-Dok, einem Volltextserver der Virtuellen Fachbibliothek Kunstgeschichte, der von der Universität Heidelberg im DFG geförderten Sammelgebiet Kunstgeschichte bereitgestellt wird, lädt man das selbst gelayoutete PDF der Dissertation hoch, das nach der Abgleichung mit dem Original veröffentlicht wird und so via Internet binnen Sekunden weltweit einsehbar ist. Auf ART-Dok gibt es zusätzlich die Möglichkeit des Print on Demand, so dass der Leser, sollte er das Papierformat bevorzugen, sich die Dissertation in Buchform zuschicken lassen kann. So verlockend das alles klingen mag, auch diese Variante ist nicht ganz kostenlos, da der Autor auch hierbei für die Wahrung der Bildrechte verantwortlich ist.

Für denjenigen, der so schnell wie möglich publizieren möchte oder gar muss, da an manchen Fakultäten erst mit der Publikation der Dissertation der Doktortitel erlangt werden kann, ist dies also die geeignete Möglichkeit. Jedoch sollte vorher abgeklärt werden, ob die eigene Fakultät die Publikation der Dissertation auch auf universitätsfernen Servern wie ART-Dok erlaubt. Wenn der Autor eine zusätzliche Printpublikation anstrebt, sollte im Vorfeld die Zustimmung des Verlages zum Onlinepublizieren eingeholt und vertraglich gesichert werden. Wenn eine schnelle Veröffentlichung zur Erlangung des Doktortitels nötig ist, kann man auf Mikrofiche, also auf Filmmaterial verkleinerte, analoge Abbildungen von gedruckten Texten, ausweichen – die Publikationsform ohne Leser, die auch die zusätzliche Buchveröffentlichung nicht ausschließt.

Die Wahrung der Bildrechte - Eine Kunst für sich

Innerhalb der einzelnen Schritte beider Publikationsformen bietet die Frage nach den Bildrechten die meisten Tücken. Bei noch lebenden Künstlern, oder solchen, die noch keine 70 Jahre verstorben sind, liegt das Bildrecht beim Künstler selbst oder dessen Erben. Danach sind die Bilder gemeinfrei, unterliegen also nicht mehr dem Urheberrecht des Künstlers oder seiner Erben. Jedoch ist dennoch zur Vorsicht geboten, denn ist ein Kunstwerk zwar gemeinfrei so können aber die Abbildungen desselben rechtlich geschützt sein. Dass die Klärung der Bildrechte eine Kunst für sich ist, zeigte sich auch während der Informationsveranstaltung in Heidelberg: Die Frage nach dem sagenumwobenen „Zitatrecht“, das vermeintlich bei inhaltlicher Auseinandersetzung mit einer Abbildung im Text besteht, konnte auch hier nicht eindeutig geklärt werden.
Dennoch sollte man bei seiner Publikation nicht nach dem Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter“ vorgehen. Wird man bei der Missachtung von Urheberrechten erwischt, kann dies sehr teuer werden.

Um der komplizierten Sachlage der Wahrung der Bildrechte auf den Grund zu gehen, sprach artefakt mit dem Rechtsanwalt Reinhard Fraenkel, der Sozius der Anwaltskanzlei Fraenkel, Faust, Herbold in Gütersloh ist. Der Schwerpunkt der bundesweit tätigen Kanzlei liegt im Urheber- und Medienrecht, Internetrecht und Datenschutzrecht. Das Interview, das das rechtliche Wirrwarr lichtet und Antworten auf häufig gestellte Fragen gibt, findet Ihr hier.

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