Im Supermarkt, beim Bäcker oder an der Kinokasse kann es nicht schnell genug gehen, vor dem Museum jedoch zelebriert so mancher das Warten in der Schlange. Aktuell kann man sein Faible fürs Schlangestehen, um Kunst bestaunen zu dürfen, vor und im Frankfurter Städel Museum ausleben; dort ist laut Eduard Beaucamp das „kaum Vorstellbare“ erreicht worden, denn die Uffizien, die National Gallery in London und die Berliner Gemäldegalerie haben sich von ihren - eigentlich als immobil geltenden - bedeutenden Werken des Florentiner Frührenaissance-Malers getrennt.
„Was seine Gemälde so wertvoll und so bedeutend macht, das erfahren Sie, wenn Sie hier klicken“, stellt Max Hollein, der Direktor des Städel Museum, dem Besucher der Homepage „Das Rätsel Frau. Die Geheimnisse in den Bildnern Sandro Botticellis„ in Aussicht. Klick für Klick werden dem Besucher der Homepage Fragen rund um die Gemälde, deren Restauration und Ikonographie beantwortet. Dabei stehen drei Gemälde im Mittelpunkt, die genauer unter die Lupe genommen und mit Infrarortstrahlen durchleuchtet werden: „Minerva und Kentaur, Weibliches Idealbildnis und Maria mit Kind“. Restaurator Stefan Knobloch erklärt, aus wie vielen Schichten so ein Botticelli besteht, Kurator Andreas Schumacher lüftet das Geheimnis um eine rätselhafte Schönheit und was Erdbeeren mit dem Paradies zu tun haben, erläutert Ulrich Rehm, Professor der Kunstgeschichte, bei entsprechendem Klick.
Unterhaltsam ist die Homepage auch ohne Klickerei, denn wir dürfen zusehen, wie sich die Moderatoren im virtuellen Raum bewegen beziehungsweise wie sie darauf warten, dass es endlich weiter geht: Man tritt auf der Stelle, dreht Däumchen, streicht sich elegant durchs Haar, wirft einen Blick aufs Handy oder die Uhr und mimt den Hans-Guck-in-die Luft - nur vom Besucher der Homepage können sie durch einen Klick von der Warterei erlöst werden und dürfen sodann wieder ihr Wissen über Botticelli mitteilen.
Diese Sendung mit der Kunst erinnert an die guten alten Lach- und Sachgeschichten, die hier zu faktenreichen Lach- und Kunstgeschichten werden. Die Moderatoren nehmen der Kunst die Aura des Rätselhaften, die sie oft umgibt. Die etwas holprige und zugleich spielerisch-selbstironische Darstellung der Moderatoren verfolgt man gerne am Computerbildschirm und erinnert sich vielleicht in der Schlange vor dem Städel daran, dass auch Hollein & Co gerne einmal warten. Einblicke, die sonst nur in Führungen oder langen Kunstsendungen gewährt werden, werden hier in aller Kürze auf den Punkt gebracht, ohne dabei an Qualität zu verlieren.
Ob Groß ob Klein, kunsterfahren oder nicht, für jeden Interessierten hält die Seite Wege bereit, sich der Kunst Botticellis zu nähern. Es bleibt nur die Frage offen, wann uns die werten Herren mit der nächsten Sendung beehren, schließlich gibt es nicht allein bei Botticelli Geheimnisse zu lüften. Und wenn Lach- und Kunstgeschichten mit dieser Freude am Detail präsentiert werden, sollte die nächste kunsthistorische Aufklärungsstunde bald stattfinden.
Das ist ja wirklich toll - der Besucher bekommt die Möglichkeit sich im Handumdrehen und kinderleicht mit ein Paar Klicks auf den Museumsbesuch vorzubereiten. So macht Museum Spaß!