Was ist der wesentliche Unterschied zwischen einem akademischen Lebenslauf und einem Lebenslauf, den man etwa einer Bewerbung um ein Volontariat beilegt?
Grundsätzlich gilt für den akademischen Lebenslauf das Gleiche wie für andere Lebensläufe: Es sollen die Qualifikationen der Person übersichtlich dargestellt werden, und zwar in Hinblick auf die Stelle, das Stipendium o.Ä., worum die Person sich bewirbt. Es muss also vor allem die Verbindung zur Einrichtung, zum angestrebten Fach oder Projekt deutlich werden. Man sollte sich nicht zu sehr in Details verlieren, was man schon alles Schönes gemacht hat, sondern vor allem das herausstellen, was für die Profilanforderung von Bedeutung ist. Zur wissenschaftlichen Qualifikation gehören besonders Publikationen und Vorträge, wobei je nach Menge nur eine Auswahl oder eine separate Publikationsliste eingereicht werden sollte.
Welche Angaben sollte ein akademischer Lebenslauf unbedingt enthalten und was sollte man nicht berücksichtigen?
Man sollte dem Muster „present position – formation – skills“ folgen. Dabei geht es um bisherige Erfahrung mit universitären Arbeitsplätzen (hier ist eventuell ein eigener Abschnitt über bereits geleistete Lehre einzubauen), um die Ausbildung (Schulbildung nur kurz, bitte nicht mit Kindergarten und Grundschule anfangen, dafür Studium und insbesondere Universitätswechsel deutlich machen), um Zusatzqualifikationen (z.B. Sprachen, Auslandsaufenthalte) sowie evtl. um ständische Mitgliedschaften (z.B. organisiert im Netzwerk der Historiker, etc.). Weitere Angaben sollten gemacht werden, wenn sie für die spezifische Stelle relevant sind.
Wie viel Originalität darf in einen akademischen Lebenslauf einfließen?
Das hängt ganz von der ausgeschrieben Stelle ab, auch hier muss die Verbindung zwischen der Qualifikation und der ausgeschriebenen Position deutlich werden. Wenn beispielsweise eine Doktorandenstelle im Bereich „Transcultural Studies“ zu besetzen ist, und man sich mit einem Projekt zu Ayurveda-Kuren in Indien bewirbt, kommt die Zusatzinfo sicher gut an, dass man schon mal in Indien im Krankenhausbereich gearbeitet hat oder eine Zusatzausbildung als Physiotherapeut hat. Ansonsten ist so etwas eine eher unwichtige Information in akademischen Lebensläufen.
Auch in Bezug auf die Gliederung und das Design sollte Originalität zweckgebunden sein. Übersichtlichkeit, kohärente Darstellung und orthografische Richtigkeit sollten an erster Stelle stehen.
FAQ zur Bewerbung im Ausland
Sollten Studierende etwa bei Bewerbungen um einen Studienplatz im Ausland oder auch Doktoranden bereits ihre Forschungsinteressen und -schwerpunkte benennen?
Das ist immer von Vorteil. Man kann sich so ein genaueres Bild vom Bewerber machen. Die Zahl der Bewerber ist inzwischen so groß, dass jedes Unterscheidungsmerkmal genutzt werden sollte. Zudem hilft es dem Auswahlgremium, den „roten Faden“ im Ausbildungswerdegang der Person nachzuvollziehen. Je nach Umfang der Bewerbung und spezifischen Anforderung kann diese Information aber separat abgefragt werden, z.B. im Zusammenhang mit einem konkreten Forschungsplan. Oftmals ist das auch ein Punkt, der im Anschreiben oder Motivationsschreiben ausführlicher dargestellt werden sollte.
Internetseiten wie beispielsweise Europass bieten erste Hilfestellungen für Bewerbungen im Ausland, die jedoch nicht immer auf Geisteswissenschaftler zugeschnitten sind. Was gilt es bei Bewerbungen im Ausland grundsätzlich zu beachten?
Vorgegebene Formate haben immer Vor- und Nachteile. Während man sich auf der einen Seite keine Gedanken um Design, Format und Übersichtlichkeit machen muss, können die vorgegebenen Kategorien, deren Reihenfolge und Benennung auch einschränken. Habe ich z.B. während meines Studiums ein Jahr im Ausland verbracht, so überschneiden sich Daten von Studium und Auslandsaufenthalt, was bei einer automatischen Sortierung problematisch werden kann. Zudem mögen manche Geisteswissenschaftler keinen „Formalismus“ und legen daher eher Wert auf einen individuell erstellten Lebenslauf.
Im Ausland gilt nicht wesentlich anderes. Der Link zwischen Stelle und Qualifikation muss deutlich werden. Das gilt natürlich umso mehr, wenn man sich beispielsweise als Deutsche/r um eine Stelle in England bewirbt – hier muss deutlich werden, was man als ‚Mehrwert‘ mitbringt und was einen vor einem englisch(mutter)sprachigen Bewerber auszeichnet. Zudem haben zusätzlich Sprachqualifikationen sowie vorherige Auslandserfahrungen einen größeren Einfluss auf den Erfolg der Bewerbung, als dies bei Stellen im Inland der Fall sein mag.
Wie kann man sich am besten mit den im Ausland gängigen Formulierungen vertraut machen?
Wie bei vielen Dingen kann das Internet Beispiele und konkrete Hilfestellungen liefern, umgekehrt findet man dort aber auch viel Nutzloses. In einem solchen Fall können internationale Vorlagen natürlich hilfreich sein. Zudem informieren größere Arbeitgeber etc. gerne auf ihren Webseiten genau über die Anforderungen an die Bewerbung, z.B. im Bereich der FAQs. Zudem finden sich dort wichtige Schlagworte und Anhaltspunkte über das Selbstverständnis der Institution, an die man in der Bewerbung anknüpfen sollte. Wie bei allen schriftlichen Dingen ist es gut, eine zweite Meinung zu seinen Unterlagen einzuholen.
Raten Sie dazu, im Ausland erworbene Qualifikationen zu übersetzen?
Viele Universitäten wollen selber die Äquivalenz von Abschlüssen festlegen. Je nach Institution ist eine Übersetzung aus gängigen Sprachen (Englisch, Deutsch Französisch, Spanisch) nicht nötig. Oft wird darauf auch in der Ausschreibung verwiesen, oder man sollte nachfragen.
Im Anschreiben sollte man die original-sprachliche Bezeichnung lassen und ggf. eine Übersetzung oder Entsprechung anfügen, wenn dies aus dem Material selbst nicht ersichtlich ist.
Zweckgebundenes Schreiben
Für Stipendienbewerbungen werden meist kommentierte Lebensläufe gefordert. Wie detailliert sollten diese ausfallen und was sollte beim Verfassen beachtet werden?
Auch hier gilt: Zweckgebundenes Schreiben! Den Leser interessieren die Zusammenhänge in der Ausbildung des Bewerbers sowie Anhaltspunkte, warum diese Qualifikation für die ausgeschriebene Stelle besonders geeignet ist. Zudem fällt hier auch der Stil auf, ähnlich wie bei einem Anschreiben. Die Ausformulierung gibt außerdem die Möglichkeit, einzelne Aspekte des Werdegangs nicht nur zu nennen, sondern auch zu qualifizieren. Es ist dann eben nicht mehr nur ein „Aufenthalt in London von-bis“, sondern „ein Sammeln von Erfahrungen in einer der wichtigsten Metropolen der Welt, ein Lernen mit Dozent X“ usw. Das gibt Raum, die Bedeutung der Ereignisse für einen selbst deutlich zu machen.
Worauf sollten speziell Doktoranden bei der Stipendienbewerbung Acht geben?
Es geht hierbei oft darum, sich gleich mit einem Projekt zu bewerben. Der Projektantrag muss sorgfältig ausgearbeitet sein, insbesondere auf Fragestellung und bisherigen Forschungsstand kommt es an, denn die Auswahlkommission muss ja den Eindruck haben, dass es sich lohnt, genau dieses Projekt zu fördern. Der Lebenslauf kann diesbezüglich Aufschluss geben, inwieweit sich das Projekt aus der vorherigen Laufbahn entwickelt hat, und welche Vorarbeit bereits geleistet wurde.
Der Bewerbungsmappe liegen Zeugniskopien bei. Raten Sie dazu, Noten zudem im Lebenslauf anzugeben?
Noten sollten trotzdem genannt werden, damit die Übersicht komplett ist. Die Zeugniskopien dienen ja nur als Belege.
Einige Lebenslauf-Ratgeber empfehlen Fachwechsel oder Lücken im Lebenslauf auf einer sogenannten „Dritten Seite“ zu begründen. Ist dies auch bei einem akademischen Lebenslauf angebracht?
Grundsätzlich sollte versucht werden, Wechsel nicht als „verlorene Zeit“ darzustellen, bzw. einen persönlichen Mehrwert daraus deutlich zu machen. In welcher Form man das in der Bewerbung macht, hängt wiederum vom Rahmen der Bewerbung ab. Das kann auch im Anschreiben ein separater Punkt sein. Je schlechter nachvollziehbar ein Wechsel oder eine Lücke ist, umso eher sollte versucht werden, eine Erklärung zu liefern.
Das Einreichen eines Fotos ist in vielen Ländern fakultativ, in Deutschland jedoch noch immer gern gesehen. Was sollte bei der Wahl des Bildes beachtet werden?
Man sollte darauf achten, die Bilder von einem professionellen Fotografen machen zu lassen, und sich entsprechend seriös zu kleiden. Zunehmend werden bei Bewerbungen facebook Profilfotos eingereicht, das macht einen eher unprofessionellen Eindruck – Sie wollen sich ja hier für eine Position empfehlen und unter Beweis stellen, dass sie ernsthaft arbeiten (und sollten daher nicht den Eindruck erwecken, Sie würden nur im Netz surfen). Zu steif oder verstellt sollte es aber auch nicht sein.
Ein Foto macht natürlich auch Aussagen über das Selbstverständnis, genauso wie das Weglassen. Beides kann Vor- und Nachteile haben, wobei ich ein Foto auch als Zusatzinformation gut finde. Sollte jemand Sie aufgrund ihres Fotos nicht nehmen, hätten Sie unter dieser Person wahrscheinlich eh nicht arbeiten wollen…
Viele Bewerbungen sollen online eingereicht werden. Welche formalen Vorgaben gilt es bei einer Online-Bewerbung zu beachten?
Immer wieder verschieben sich Formatierungen. Daher ist es wirklich wichtig, die Dokumente als pdf zu übersenden, die zunehmend den Platz einer virtuellen Bewerbungsmappe übernimmt. Zudem sollte das Foto in den Lebenslauf eingebunden sein, so dass es ebenfalls im pdf mit enthalten ist.
Ein Lebenslauf dient in erster Linie dazu, die eigenen Stärken zu verkaufen. Sollte man sich besser darstellen, als man ist?
Nein. Betonung der eigenen Stärken (natürlich unter Nichterwähnung der Schwächen!) und der Hinweis, warum man genau für diese Stelle geeignet ist, macht einen viel besseren Eindruck! Denn das unterstreicht, dass man sich Gedanken gemacht und mit den Anforderungen der neuen Stelle / des Stipendiums wirklich auseinander gesetzt hat.
Es ist ein schmaler Grat zwischen zu großer Bescheidenheit und Selbstüberschätzung. Diesen trifft man am ehesten, wenn man argumentativ seine Eignung für die Stelle betont. Was man beispielsweise schreiben könnte: „Ich eigne mich für die Lektorenstelle in mittelalterlicher Geschichte, da ich bereits seit Beginn meines M.A. in Geschichte mit Schwerpunkt Mittelalter am Lehrstuhl für Geschichte ein Tutorium pro Semester zu diesem Thema gehalten habe.“
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