Monate: Juni 2016

McFit für die Seele. Wellnesskunst und das Sein zum Tode

„Kann man das Glücklichsein trainieren?“ fragt Stefan Sagmeister. Der Grafikdesigner und Mitbegründer von Sagmeister & Walsh macht das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt zum Trainingsparcours. „The Happy Show“ ist die Dokumentation einer Suche nach dem Glück: Meditation, Sport, Sex, Drogen. Das alles hat der Künstler und Werber ausprobiert, so zumindest die Erzählung. Und wie bei einer guten Werbekampagne sind Sagmeiers Grafiken überall zu sehen. Wem es etwa einfällt, auf der Herrentoilette im Stehen zu pinkeln, der wird handschriftlich vom Künstler gebeten, das nicht zu tun. Die Betrachter sind gefragt, aber nicht allzu sehr gefordert. Man kann auf einem Fahrrad in die Pedale treten, um damit Strom zu erzeugen. Dann leuchten Neonröhren auf: „Actually doing the things“ – so können die seelisch Ausgebrannten ihre Batterien wieder aufladen. Die Schau ist ganz für die Betrachter da: mit ihren betörend schönen Filmen, den launigen Wandtexten und den Mitmachstationen. Eine Art Service. Ein Glücksparcours. Man schaut nicht mehr dem leidendem Künstler zu, wie das Leid Großes hervorbringt. Stattdessen macht die Ausstellung alle glücklich – wenn sie daran glauben. Das …

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Christo darf das. Wenn die Piergroup mit trockenen Füßen übers Wasser geht

Seit Jahrtausenden träumen die Menschen davon, übers Wasser gehen zu können. Jesus hat es vorgemacht. Wenn der Gang über das Wasser allerdings so leicht nachzumachen wäre, wäre Jesus nicht Jesus. Wer es jetzt doch geschafft hat: Christo. Er hat den Reichstag eingehüllt, da ist es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er es schafft, uns alle über Wasser gehen zu lassen. Die „Titanic“ ruft freudig erregt aus: „Jesus Christo!“ Und legt nach: „Flüchtlinge finden neue Route nach Italien.“ Übers Meer dorthin gelangen, wo es besser ist, das ist eine alte Vorstellung. Einst fuhren die Kolonisatoren nach Amerika, Afrika oder Asien – also zu jedem Erdteil außer Europa –, um dort Reichtum und Abenteuer zu finden. Heute ist es anders. Menschen kommen nach Europa, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, um unerträglichen Lebensumständen in ihrer Heimat zu entfliehen. Das ruft Künstler auf den Plan, die sich an der Verbesserung der Lage versuchen wollen. Oder so etwas wie einen Kommentar zum Zeitgeschehen abgeben wollen. Das wiederum ruft die Medien auf den Plan, die die mal …

Außen Textiles, innen Möbel: Das Schaudepot von Herzog & de Meuron und der Vitra Campus

Die Architekten Herzog & de Meuron haben ein Backsteinhaus gebaut. Zur Aufbewahrung von Stühlen. Es steht in Weil am Rhein auf dem Vitra Campus gegenüber vom ehemaligen Feuerwehrhaus von Zaha Hadid. Das Backsteinhaus ist das neue Schaudepot des Vitra Design Museums. Eigentlich war das Museum selbst, der Bau von Frank Gehry, als Präsentationsort der Sammlung gedacht, nur werden darin inzwischen Wechselausstellungen gezeigt. Herzog & de Meuron wurden deshalb mit der Konzeption eines Neubaus für die Sammlung beauftragt. Anfang Juni wurde es eröffnet. Im Gespräch mit Spiegel Online sagte Jacques Herzog, dass der Bau von Weitem tatsächlich aussehe, wie ein ganz gewöhnliches Backsteinhaus. Mit einem Giebeldach. Sieht man einmal von den fehlenden Fenstern ab. Erst wenn man näher kommt, fällt auf: „Es besitzt beinahe etwas Textiles. Wie Strickwerk. Es spricht die Sinne an.“ Damit es nicht ganz so gewöhnlich aussieht, wurden die Klinkersteine vor Ort gebrochen und falsch herum, mit der Bruchkante nach außen, gesetzt. Außen Textiles, innen Möbel, hauptsächlich Stühle. 400 Stück an der Zahl sind es allein in der Dauerausstellung, die eigentlich gar keine …

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Mr. Pickup und Mrs. Sporty treffen sich in der Fußgängerzone. „Besser scheitern“ in Ingelheim

In einem Baum hängen oder einfach nur vorm Friseursalon: Es stimmt nicht, dass es in Kleinstädten nichts zu sehen und nichts zu tun gibt. Dass es zum Beispiel viele Möglichkeiten zum Scheitern gibt, zeigt eine Ausstellung in Ingelheim, die die großen Namen der Videokunst in dem Ort am Rhein versammelt, den man sonst wegen des dort ansässigen Pharmaunternehmens kennt. Eine Geschichte über das Scheitern in Zeiten des optimierten Menschen.